Daniela Töbelmann, Carola Keitel

Daniel Frese Preis 2013, Kategorie Nachwuchs

 

Den Daniel Frese Preis 2013, Kategorie Nachwuchs, erhalten Daniela Töbelmann und Carola Keitel für die Einreichung ihres Entwurfs „Ein Spaziergang und eine Ausstellung“. Die Jury fasst den Vorschlag der Künstlerinnen zusammen als „großangelegten Ausstellungsspaziergang, der anschließend in einer Publikation dokumentiert werden soll.

Die beiden Künstlerinnen planen eine eindrucksvolle, breite Untersuchung unterschiedlicher – entfremdeter, wiederzuentdeckender, touristischer, alltäglicher und neuer – Sichtweisen auf den öffentlichen Raum.“

Dabei vorgefundene Strukturen begreifen sie als sicht- und erfahrbare Relikte der sozialen und geographischen Geschichte von Orten, womit die Künstlerinnen einen ästhetisch und gesellschaftsorientierten Blick auf Historie vorschlagen. Im öffentlichen Raum Agathenburgs, aber auch Lüneburgs planen Daniela Töbelmann und Carola Keitel zunächst, gehend und fotografierend Orte und sich aus ihrer Verbindung ergebende Routen zu erschließen. Sie haben zugleich vor, Passant/innen einzuladen, ihrerseits Orte in Form von Bildern beizusteuern, die sie elektronisch oder in der „Basisstation“ der Künstlerinnen in einem schwach an die Innenstadt angebundenen Viertel der Peripherie einreichen können. Das Gewahrwerden unterschiedlicher Perzeptionsmuster und -weisen zwischen Gewöhnung und Wieder-Entdeckung sind der spezifische Erkenntnisgewinn, an dem es den Künstlerinnen gelegen ist und der sich den Flaneuren bei ihrer körperlich-visuellen Tätigkeit erschließen soll. Fortgeführt wird dieser performative Prozess durch die visuelle Besetzung von Plakatwänden mit den entstandenen Bildern. Er perpetuiert sich schließlich, wenn die Künstlerinnen außerdem QR-Codes plakatieren, welche die immer wieder neu ausgemachten Streifzüge öffentlich zugänglich machen. Die vorgeschlagenen Routen durch städtische und ländliche Gebiete, so planen es Daniela Töbelmann und Carola Keitel, bieten ihnen zusätzlich die Gelegenheit für künstlerische Eingriffe. Diese nehmen sie etwa in Form von Pappmaché- und Stahl-Aufsätzen auf solche

Möblierungen des öffentlichen Raumes wie Polder und Blumenkübel vor oder durch Texttafel-Applikationen in Parkhäusern sowie temporären Aneignungen an den Schnittstellen von pseudoöffentlichem zu öffentlichem Raum beispielsweise auf Werbevideoflächen in Bahnhofshallen oder Schaufenstern. Außerdem wollen die Künstlerinnen ein Vortragsprogramm initiieren, das ihr Gesamtprojekt – das als dauerhaftere Intervention nicht mit der Ausstellung in Agathenburg abgeschlossen sein wird – rahmt.

Daniela Töbelmann und Carola Keitel verdichten ihre gleichermaßen theoretisch, künstlerisch und sozial ausgerichteten Ansätze zu einem komplexen und vielversprechenden Entwurf, der von vielfältigen gestalterischen Ideen geprägt ist und dessen merklicher Tatendrang die Jury beeindruckte: „Die Künstlerinnen zeigen in ihrem Entwurf profunde Kenntnisse der soziologischen Promenadologie, wie sie maßgeblich von Lucius Burckhardt seit den 1980er Jahren entwickelt wurde, wie auch der Figur des Flaneurs und stellen damit ein auch im Kunstfeld relevantes theoretisches Wissen unter Beweis, das sie im Sinne der kartographischen Verfahren von Daniel Frese anwenden: Das Spazierengehen als Material für eine performative Ausstellung. Die Jury freut sich auf eine sinnfällige Verknüpfung dieses künstlerischen Forschungsprojekts von Daniela Töbelmann und Carola Keitel mit dem Ausstellungsraum im historischen Schloss Agathenburg und seiner Umgebung.“

 

Laudatorin Prof. Dr. Beate Söntgen

 

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